Gerade jetzt zur Adventszeit werden die süsslichen, kräftigen Weine wieder beliebter. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Art Wein dürfte der Port sein. Wer kennt ihn nicht.
Schon in der Römerzeit wurde in Portugal Wein angebaut. Wein war immer ein bedeutender Bestandteil der Geschichte dieses Landes. Seit dem frühen Mittelalter war England der wichtigste Handelspartner. Dies beweisen unter anderem die bereits im Jahr 1386 abgeschlossenen Verträge zur Festlegung der Handelsbeziehungen zwischen Portugal und England. In diesen Dokumenten war der Vinho do Porto bereits erwähnt. Allerdings bedeutete das damals nicht, dass es sich um den heute bekannten Portwein handelt, sondern lediglich, dass der Wein aus der Region Porto stammte. Es gibt Aufzeichnung in der Geschichte, die bestätigen sollen, dass englische Kaufleute 1678 in Klöstern transportfähige Weine gekauft haben, den sogenannten Priest-Port. Dies dürfte die Geburtsstunde des aufgespriteten Portweins gewesen sein. Ab 1757 begann der berühmte Minister Marques de Pombal mit der Regulierung der Weinherstellung. Im Dourogebiet schaffte er damit die Basis der noch heute angewendeten DOC-Regionen (vergleichbar mit den in Frankreich bestehenden AOP-Regionen). 1775 wurde der erste Vintage Wein auf den Markt gebracht. Das war eine Weltneuheit, denn bis anhin wurden Jahrgänge gemischt. Kein Abfüller konzentrierte sich auf die Herstellung von reinsortigen Jahrgangsweinen. In Bordeaux führte das Château Lafitte diese Trendwende hin zu Jahrgangsweinen mit dem Jahrgang 1787 ein, immerhin 12 Jahre später! Der Portwein, wie wir ihn heute kennen, wurde erst zwischen 1800 und 1850 fix reglementiert. Das Verfahren wurde von Mönchen zuerst weniger aufgrund des Geschmacks entwickelt, sondern mehr wegen der längeren Haltbarkeit. Damals konnte nicht so sauber gearbeitet werden wie heute und viele Weine waren verunreinigt und so nicht lange haltbar. Man kam man auf die Idee, etwas Brandy in den Wein zu geben. Dies erhöhte den Alkoholgehalt und tötete vorhandene Bakterien im Wein ab. So entstand ursprünglich der Portwein. Um 1850 erkannten viele Produzenten, dass die Fortifikation nicht nur positive Effekte auf die Haltbarkeit und Lagerfähigkeit dieser Weine hatte, sondern dass sich diese Weine hervorragend entwickeln, wenn man sie lagert. Dies war wohl damals der Grund, dass ein grosser Teil der Kaufleute auf diese Art Wein umstellten und die trockenen Weine eine Minderheit darstellten.
Der ungewollte Einfluss von Frankreich auf den Weinexport von Portugal nach England
1667 belegte der Sonnenkönig Louis XIV viele aus England stammende Handelswaren mit hohen Zöllen. England reagierte mit denselben Massnahmen und verlangte unter anderem für die aus Frankreich importierten Weine hohe Abgaben. England musste einen anderen Hersteller von hochwertigen Weinen suchen und Portugal konnte in die Lücke springen. Dies verlieh der Weinproduktion Portugals einen extremen Boost.
Die unbekannten und schon viel länger existierenden «Portos» aus Südfrankreich
Was heute selbst grosse Portweinkenner nicht wissen ist, dass es das Verfahren, welches sich in Portugal um 1800 etablierte, in den Gebieten Banyuls und Rivesaltes in Nordkatalonien schon viel, viel länger gab. Bereits 1285 erfand Arnaud de Villeneuve eine neue Methode, um haltbare Weine durch Zugabe von Weindestillaten zum gärenden Most herzustellen. Da sich das heutige Roussillon damals im Besitz der Krone von Mallorca befand, liess der König von Mallorca das Verfahren bereits 1299 patentieren. Seither haben die Süssweine im Roussillon einen festen in der heimischen Kultur. Zu nennen sind heute die folgenden drei Hauptregionen für die Herstellung dieser Weine.
1.) Banyuls
Die Weine aus Banyuls wachsen an den extrem steilen Abhängen der Pyrenäen an der Côte Vermeille, einer der schönsten Regionen im Mittelmeerraum. Banyuls werden entweder oxidativ als Rancio (Alterung und Teilverdunstung in Holzfässern im Freien) oder reduktiv (ohne Oxidation) ausgebaut. Die Art der Herstellung ist gleich, der Ausbau macht den Unterschied. Während der Gärung wird Alkohol beigemischt. So wird die Gärung gestoppt und der Restzucker bleibt erhalten. Dass die Trauben seit eh und je an den Pyrenäenabhängen in dieser einzigartigen Region am Mittelmeer wachsen, erweist sich nun als grosser Nachteil. Damals war es logisch, die Reben auf diese steilen Terrassen zu pflanzen. Die grosse Hitze, die kargen Böden und der immer wehende Wind waren einmalige Bedingungen für die Trauben. Es braucht keine Chemie, nichts – die Stöcke halten sich hier sehr gesund. Heute anerbietet sich diese einmalig schöne Natur jedoch für finanzkräftige Touristen als perfekte Parzellen für ihre Ferienhäuser. Auf der anderen Seite ist die Arbeit extrem hart an diesen steilen Abhängen, und nur noch wenige Menschen sind bereit, die Riesenarbeit für den kleinen Ertrag in Kauf zu nehmen. Man sieht es den Winzern in diesen Regionen an… es ist ein Kampf, aber auch eine Ehre, einen Banyuls geniessen zu dürfen. Eines der letzten Originale ist Laetitia Géraud, die Inhaberin der Domaine Piétri Géraud, auch als Kämpferin von Collioure bekannt. In einem mittelalterlichen Gebäude mitten in der touristischen Stadt Collioure produziert sie mit viel Liebe und Herzblut Ihre Weine. Seit Generationen existiert dieses Weingut. Allerdings haben die meisten ihrer ehemaligen Kollegen aufgegeben. Zu tief sind die Preise, zu hart ist die Arbeit. Laetita kommt jedoch sofort ins Schwärmen, wenn man über die Banyuls spricht… und noch mehr beim Degustieren. Ihre Produktionsmengen sind sehr klein, die Qualitäten hervorragend. Die Banyuls von Piétri Géraud sind nicht einfach zu bekommen. Probieren sie diese unbedingt, wenn Sie die Gelegenheit dazu haben. Die Cuvée Soleil ist heute fast ein Unikat. Sei reift tatsächlich noch in den Glasballons auf dem Dach des Weingutes, an der prallen Sonne.
2.) Maury
Im Tal des Maury wurden früher ausschliesslich Süssweine nach dem Aufspritverfahren hergestellt. Unterdessen gibt es noch einige kleine Produzenten, die Freude an diesem Produkt haben und es als Hommage an vergangene Zeiten weiterproduzieren. Allerdings ist der Trend auch hier abnehmend.
3.) Rivesaltes
Das Gebiet Rivesaltes ist die grösste Region in Südfrankreich, in der diese Süssweine noch hergestellt werden. Es gibt hier noch relativ viele Produzenten, die sich für die Herstellung eines solchen Weines einsetzen. Allerdings sind hier auch die Qualitäten vielfach tiefer und es handelt sich meistens um kleine Gewächse, die schnell getrunken werden müssen. Jedoch gibt es in Rivesaltes durchaus Ausnahmen. Die Preise liegen dann häufig recht tief für die Qualität. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Weine von Château des Nouvelles. Unglaubliche Qualitäten, teilweise bis zu 20 Jahren alt, auch Rancio (also unendlich haltbar) bekommt man zum Teil für unter CHF 40.00 / Flasche.
Alte und uralte Rivesaltes oder Banyuls
Es gab eine kurze Zeit, da brachten die Winzer ihre alten Jahrgänge fast gratis auf den Markt. Einige clevere Geschäftsleute nutzten die Situation und kauften die ganzen Bestände zu sehr günstigen Preisen auf. Dies nur, um sie unter einem anderen Label abzufüllen und den Preis extrem zu erhöhen. Ein Grossteil dieser Weine wurde nach China, Russland oder in die USA verkauft. Wenige Produzenten, wie der bekannte Monsieur Puig behielten alle Jahrgänge in den Fässern und verkaufen diese heute. Allerdings sind die Weine teuer, dafür von sehr hoher Qualität. Es ist leider sehr selten geworden, alte Süssweine aus dieser Region zu finden, die zahlbar sind. Ist die Qualität doch von Weltklasse…. Nach 13 Jahren Suche habe ich einige Fässer gefunden, die von bester Qualität sind, und der Preis ist aufgrund einer guten Freundschaft sehr realistisch. Ich konnte die Jahrgänge 1973 / 1976 / 1988 / 1989 /1990 / 1992 kaufen.
Den Vergleich zu Portweinen nehmen die Banyuls, Riveslates oder Maury sehr gerne auf. Liebhaber von alten Portweinen und Vintage Port sollten zu einem Rancio greifen. Generell haben die Südfranzosen weniger Alkohol, dafür mehr Eleganz. Wer lieber junge und frische Portweine mag, darf gerne einen jungen Maury oder Banyuls geniessen. Wir fordern Sie auf, diese Raritäten kennen zu lernen.